Feodor Lynen
Banquet speech
Feodor Lynen’s speech at the Nobel Banquet in Stockholm, December 10, 1964 (in German)
Eure Majestäten, Königliche Hoheiten, meine Damen und Herren, liebe schwedische Freunde.
Experimentelle Wissenschaften umfassen Handwerk und Künstlertum. Berücksichtigen wir noch, dass die großartige und für uns alle unvergessliche Feier der Preisverleihung im Konzerthaus stattfand, so scheint es mir berechtigt, an den Anfang meiner kurzen Rede den Satz zu stellen, den Hans Sachs, der sich selbst als „Schuh-macher und Poet dazu” bezeichnet hat, im dritten Akt der Meistersinger von Nürnberg spricht. Dort sagt er nämlich:
„Euch macht ihr’s leicht,
mir macht ihr’s schwer
gebt ihr mir Armen zu viel Ehr.”
Mit diesem Zitate will ich zum Ausdruck bringen, wie schwer es für mich ist, ja wahrscheinlich sogar ganz unmöglich, meinen tief empfundenen Dank gegenüber der Nobel-Stiftung und den Kollegen vom Königlichen Karolinischen Institut, die mir die höchste Auszeichnung der Wissenschaftlich dieser Welt verliehen haben, in die richtigen Worte zu fassen. Die tiefe Bewegung des Gemüts versagt sich dem Wort. Im ganzen gesehen hat also Hans Sachs sicher recht.
Doch wie steht es mit den Einzelheiten, wie steht es mit seiner ersten Behauptung: „Euch macht ihr’s leicht”? Wir alle in der Wissenschaft Tätigen wissen ja wie ungeheuer schwierig es heute für die mit der Auswahl der Preisträger betrauten Institutionen der Nobelstiftung geworden ist, unter vielen, wie mir immer erschienen ist, gleichwertigen Anwärtern ihre speziellen Kandidaten auszuwählen. Herr Professor Tiselius hat dieses Problem in seiner Rede im Konzerthaus in so offener und eindrucksvoller Weise diskutiert, dass ich zu diesem Punkt eigentlich nichts Neues sagen kann, als nur wieder dafür zu danken, dass es geschieht und mich vor den mit der Auswahl betrauten Persönlichkeiten in Bewunderung zu verneigen: für die Objektivität, Sorgfalt und Selbstlosigkeit, mit der sie hier schalten und walten. Es ist Ihr Verdienst, wenn der Nobelpreis heute ein so haushohes Ansehen in der ganzen Welt genießt.
Wie steht es mit der zweiten Behauptung von Hans Sachs: „Mir macht Ihr’s schwer”? Das hat zweifellos in den ersten Tagen nach dem 15. Oktober gestimmt, nachdem die Entscheidung des Karolinischen Instituts der Öffentlichkeit bekannt wurde. Soviel Jubel und Freude die Nachricht in unserer Familie spontan auslöste, so schnell tauchten auch die Bedenken auf hinsichtlich der vor uns liegenden förmlichen Ereignisse bei der Preisverleihung und beim Bankett. Dass diese Bedenken vollständig unbegründet waren, bewiesen uns die ersten Tage hier in Stockholm. Meine Familie und ich empfingen soviel Herzlichkeit und Zuneigung, daß wir uns fast schon wie Zu hause fühlen. Und das will bei einem Münchner allerhand heißen. Meine Familie fühlt sich in Ihrem gastlichen, schönen und gemütlichen Lande so wohl, daß ich Schwierigkeiten voraussehe, sie vollzählig wieder nach München zurückzubekommen. Und wenn ich selbst an die vielen schönen schwedischen Damen denke, mit denen ich in dieser unvergesslichen Woche zusammentraf, dann wird auch mir der Abschied sehr schwer fallen.
Übrig bleibt also von Hans Sachs eigentlich nur:
„gebt Ihr mir Armen zu viel Ehr”.
Dies fühle ich zu tiefst und es ist deshalb, daß ich noch einmal sehr herzlich dafür danke, dass mir diese einmalige Auszeichnung verliehen wurde, hierher zu kommen, und an die gleiche Stelle zu treten, wo mein großartiger Lehrer Heinrich Wieland vor 36 Jahren stand, der nicht nur meine wissenschaftliche Karriere bestimmte und uns Schüler durch seine menschliche Persönlichkeit prägte, sondern mir auch seine Tochter Eva zur Frau schenkte, ohne die vielleicht nicht viel aus mir geworden wäre.
At the banquet, S. Friberg, Rector of the Caroline Institute, made the following remarks: Mrs. Crowfoot Hodgkin, Mr. Bloch and Lynen. When one of you received the news by telephone, that you had been awarded the Nobel Prize, you modestly asked: “Why?” Each and all of you would have been fully justified in asking the same question by entirely different reasons, for you have all achieved such outstanding results, that several merit a Nobel award. I believe, that I may be permitted the indiscretion of revealing that the only problem relating to your prizes was to decide whether they should be awarded in medicine or chemistry. Your intellectual accomplishments and the immense technical difficulties, you had to overcome can only be grasped by the specialist, but their significance can be understood by all. Within the foreseeable future, your discoveries may provide us with weapons against some of mankind’s gravest maladies, above all in relation to cardiovascular diseases. Achievements like yours make it not unrealistic to look forward to a time, when mankind will not only live under vastly improved conditions, but will itself be better.
Nobel Prizes and laureates
Six prizes were awarded for achievements that have conferred the greatest benefit to humankind. The 12 laureates' work and discoveries range from proteins' structures and machine learning to fighting for a world free of nuclear weapons.
See them all presented here.